Amerikanische Jahre
Nachdem Berger in Stuttgart von botanischem Schaffen ferngehalten wurde und sich von seinen Fachkollegen gar vergessen wähnte, suchte er nach einer neuen Tätigkeit. Erneut war es ein Brief, der für Veränderung sorgen sollte. Er läutete Bergers amerikanische Jahre ein. Der Brief enthielt ein Stellenangebot an der New York State Agricultural Experiment Station (NYSAES), einer botanischen Versuchsanstalt in Geneva.
Eingefädelt hatte das Angebot der US-amerikanische Kakteenforscher Joseph Nelson Rose. Dieser war zusammen mit Nathaniel Lord Britton einer der führenden Kakteenforscher des frühen 20. Jahrhunderts. Gemeinsam publizierten sie unter anderem die vierteilige Reihe „The Cactaceae“ zur Systematik der Kakteengewächse. Rose war auf Berger über dessen bereits 1905 veröffentlichte „A Systematic Revision of the Genus Cereus Mill.“ aufmerksam geworden. Bei Roses Europareise hatte er Berger im Botanischen Garten Hanbury persönlich kennengelernt.
Rückkehr zum Obstbau
Ich bekomme also das Herbarium zum Verwalten und ich soll der System[atische] Botaniker der Station werden, der vor allem alle Obstgehölze von der Bot[anisch-]system[atischen] Seite kennt. Das dürfte mir wohl zusagen.
Alwin Berger in einem Brief an seine Frau Elise, 29. April 1923
Vertragsgemäß bearbeitete Berger die Pflanzengattungen Ribes (Johannes- und Stachelbeere), Rubus (Brom- und Himbeere) und Fragaria (Erdbeere). Seine wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden unter anderem in „The Small Fruits of New York“ publiziert.
Eine dauerhafte Perspektive?
Zunächst widerstrebte es Alwin Berger, den Umzug in die Vereinigten Staaten auf sich zu nehmen. Es bedurfte auch in der wenig zufriedenstellenden Situation in Stuttgart noch einiger Überredung durch Elise Berger, bis er sich entschloss, die Reise anzutreten. Seine ersten Eindrücke des neuen Kontinents zeugten von Heimweh und er fremdelte stark mit seinem neuen Arbeits- und Lebensmittelpunkt.
Seine Schilderungen der amerikanischen Jahre fielen frohmütiger aus, wenn es um seine Mitarbeiter ging. In Dr. Hedrick, dem Leiter der Station, fand er einen Kollegen nach seinen Wünschen: „Er ist riesig fleissig; sehr tüchtig und dabei sehr bescheiden und nett.“ Auch an verschiedenen Vortragsabenden und Ausflügen erfreute er sich. Nichtsdestotrotz entwickelte er nie eine enge Bindung zu Nordamerika.
Am 4. Okt[ober 1926] verliessen wir Geneva. Schwer fiel uns der Abschied nicht. Keiner von uns war dort heimisch geworden. […] Die schwierige wissenschaftliche Aufgabe, die [Berger] damals nach Geneva rief, war vollendet, und hatte allgemeine Anerkennung gefunden. Mit gewohnter deutscher Gründlichkeit hatte er ausserdem noch andere schwierige, botanische Arbeiten in Angriff genommen. Eine glückliche Schicksalswendung ermöglichte ihm nun froh und zufrieden die Rückkehr nach Stuttgart.
Elise Berger in den Lebenserinnerungen